De-facto-Kreisverkehr Am Stern in Bremen nach dem Umbau von Juni/Juli 2017

Der Kreisverkehr „Am Stern“ in Bremen wurde Anfang der 1980er Jahre mit einer Fahrrad-Ringspur ausgestattet.
Die StVO sah zu der Zeit noch gar keine Radfahrstreifen vor, der am Bremer „Stern“ war aber nicht der einzige, der vor 1997 eingerichtet wurde.
Der Fahrradring des „Stern“f and wegen seiner Fahrradfreundlichkeit Anklang und Nachahmer.
Ein erster Umbau erfolgte um 1990, als unter dem „Stern“ ein Abwassersammler installiert wurde, der mit dem Platz selber wenig zu tun hat.
Da KFZ-Lenker eine sehr schlechte Sicht auf Radfahrer haben, wenn beider Fahrlinien im Bogen nebeneinander her verlaufen, wurden in den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen („der“ ERA) Radfahrstreifen an Kreisverkehren verboten.
Auch der „Stern“ stellte sich als Unfallschwerpunkt heraus, laut Drucksache 19/355 S der Bremischen Bürgerschaft vom 24.08.2016 (PDF) kam es im Jahrzehnt 2004–2013 insgesamt zu 595 Unfällen, davon 195 mit Fahrradbeteiligung.
Verletzt wurden dabei in allen Verkehsarten zusammen 2,2 Personen, davon 24 schwer. Einen tödlichen Unfall hat es zumindest seit 2004 nicht gegeben.
Dass die örtliche Presse anlässlich der Wiedereröffnung mit Schlagworten wie „Todesstern“ und „Todeskreisel“ gearbeitet hat, war also verleumderische Propaganda.
Das KFZ-Aufkommen ist sehr hoch, je nach Studie etwa 25.000 oder etwa 30.000 Durchfahrten pro Tag, aber mit einem geringen LKW-Anteil. Das Radverkehrsaufkommen wurde 2014 für 2012/2013 auf 5.500 pro Tag geschätzt. Zumindest heutzutage liegt es höher, s.u.
Zur Verbesserung der Sicherheit wurde 2013 eine provisorische Umgestaltung durchgeführt, mit gelb markierten Sperrflächen zwischen Autoring und Fahrradring.
Gleichzeitig wurde begonnen, die Verkehrsabläufe wissenschaftlich zu untersuchen,
siehe Darstellung des Bausenators, darin Link zur Vorlage der für die Baudeputation mit verkehrspsychologischem Gutachten (PDF 9,9MB)
Unter Berücksichtigung des erstellten Gutachtens wurde im Juni/Juli die Mittelinsel verkleinert und der Autoring verschmälert und vom Fahrradring durch breite Sperrflächen getrennt.
Dadurch wurden die Sichtbeziehungen zwischen Autofahrern und Radfahrern grundlegend verbessert. Außredem haben einfahrende PKW jetzt die Möglichkeit, zwischen Fahrradring und Autoring zu warten, also eine Lücken im einen Verkehrsstrom zu nutzen, auch wenn im sich anderen gerade keine Lücke bietet. Dass beiden Ringe andererseits Teil derselben Asphaltfläche sind, mag das Risiko vermindern, dass ausbiegende Autofahrer den Fahrradring vergessen.

Im Gegensatz zu seinen früheren Gestaltungen hat der Radfahrstreifen nicht mehr die Mängel, deretwegen die ERA Radfahrstreifen in Kreisverkehren ablehnen – die aber bei vielen abgesetzten Radwegen von Kreisverkehren kaum weniger bestehen.
Dafür bietet er Vorteile gegenüber baulich abgesetzten Radwegen:
 Den Autofahrern wird verdeutlicht, dass der Fahrradring Tel des Kreisverkehrs ist. (s. o.)
 Bei Blockade des Fahrradrings durch ein KFZ können die Radfahrer ausweichen, ohne über den Gehweg zu fahren.
 Die Radfahrer werden nicht durch zu kreuzende Kanten vom Verkehrsgeschen abgelenkt und behindert.

Fotoreihen zum Verkehrsgeschehen, am 9.10. Rushhour um 17:30, am 10.10. ca. 9:45, am 4.12. ca. 15:45
 
Bremer Stern:
 wegen Radfahrstreifen ohne Kreisverkehrsschild (Z. 215),
 Straßenbahn quer hindurch, gesichert und bevorzugt durch LSA,
 ohne Fußgängerüberwege (neben den Fahrradfurten).

 
gute Sichtverhältnisse zwischen Radler/inne/n auf dem Radfahrstreifen (übrigens auf diesem Platz ohne Benutzungspflicht) und aus- und einbiegendem KFZ-Fahrer/inne/n
 
Der silbergaue Mercedes hat die Vorfahrt der vielen Radler auf dem Ring nicht beachtet, um vor dem Pulk zum KFZ-Ring zu gelangen.
 
Da der Mercedes halb auf dem Radfahrstreifen stehen bleibt, drängt sich der erste Radler des Pulks hinten um ihn herum. Ein Radler aus der Hermann-Böse-Straße fährt wegen dieser Situation ein paar Meter über den Gehweg.
 
Radler hinter dem Heck eines noch etwas auf dem Radfahrstreifen stehend auf Einfahrt in den Autoring wartenden PKW.
 
Radler hinter dem Heck eines langen, noch etwas auf dem Radfahrstreifen stehend auf Einfahrt in den Autoriug wartenden kurzen PKW. Wegen der nächsten Ausbiegekurve könnte dieser nicht kaum vorfahren.
 
Ein Radler verlässt den von einem wartenden PKW blockierten Radfahrstreifen nach links …
 
… und fährt vor der Front des auf dem Radfahrstreifen wartenden PKW weiter, dabei die Einbiegekurve kreuzend.
 
Ein wartepflichtig in den Kreisel fahrender Radler und ein wartepflichtig den Radfahrstreifen überquerender PKW.
 
Radler auf der Ringspur und Radler auf dem einmündenden Radweg der Hermann-Böse-Straße
 
Zwei Radler und ein PKW biegen in die (innere) Parkallee ab, eine Fahrradstraße mit zwei Richtungsfahrbahnen, vormals Hauptstraße, jetzt Premiumroute.
 
Auf dem Radfahrstreifen (Fahrradring) fahrende und aus der Fahrradstraße (innere) Parkallee in diese Ringspur einbiegende Radler.
 
Ein PKW und ein Radler aus der (inneren) Parkallee, einer Fahrradstraße mit getrennten Richtungsfahrbahnen (vordem Hauptstraße, jetzt Premiumroute).
 
Ein Vater schleust sein jüngeres Kind aus der Fahrradstraße Parkallee in den umlaufenden Radfahrstreifen. Sein älteres Kind ist wenige Meter zurück und daher nicht mit auf dem Foto.
 
Eine im Kreis bleibende und eine abbiegende Radlerin an der Hollerallee (Ost).
 
Abbiegender Radler und abbiegende sowie einbiegende PKW an der Abzweigung/Einmündung der Hollerallee (Ost).
 
Durch grau gepflastertes Endstück und engen Kurvenradius betonte Wartepflicht des in den Fahrradring einmündenden Radwegs der Hollerallee (Ost).
 
An der Einmündung des KFZ-Fahrstreifens der Hollerallee ist eine auf dem Fahrradring fahrender Radlerin nach rechts ausgewichen, um das Heck eines vor dem Autoring wartenden großen Lieferwagens zu passieren.
 
Ein Radler fährt illegal auf dem Gehweg in Gegenrichtung um den Kreis.
 
Motorisierter Individualverkehr aus der Wachmannstraße darf schon seit einigen Jahren nicht mehr in den Stern einfahren, sondern muss nach rechts in die als Nächstes aus dem Kreisel abgehende (äußere) Parkallee abbiegen. Die Radverkehrsführung ist unnötig kompliziert gestaltet.

An der Einmündung der (äußeren) Parkalle verbindet eine Zweirichtungsfurt den parkseitigen Radweg der Parkallee, der sich eingige Meter weiter in den parkseitigen Geh-und-Radweg der Hollerallee fortsetzt mit dem Fahrradring und kreuzt dabei den KFZ-Bypass von der Parkallee zur Hollerallee, der an der Außenseite des Fahrradrings geführt ist. Die rote Einfärbung der Verbindungsfurt zeigt deren Vorrang an. Am Übergang des rechten Fahrstreifens der Parkallee in den Bypass steht ein Rechtsabbiegegebot (Zeichen 209). Zusatzzeichen Darüber ist das Zusatzzeichen 1000-32 (Radverkehr von links und rechts) angebracht, um auf die bevorrechtigte Zweirichtungsfurt hin zu weisen. Die StVO (Download als PDF) erwähnt in Anlage 2 zu § 41 Absatz1 (Vorschriftzeichen) dieses Zeichen nur in Verbindung mit Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren) und mit dem Stoppschild 206, dazu ohne Vorfahrtsbezug für geöffnete Einbahnstraßen. Dass Zeichen 205 hier eingespart wurde, während es am linken Fahrstreifen, der in den Kreisel mündet, doppelt steht, befremdet. Denn die durch das angeordnete Rechtsabbiegen der KFZ bevorrechtigte Fahrradfurt imponiert nicht wie die Einbeziehung einer Radverkehrsanlage in das Vorfahrtsrecht einer parallelen Fahrbahn. Zudem steht in der Nähe der Radwegeinmündung ziemlich weit rechts ein kleines Zeichen 205, bei dem mangels Wartelinie nicht ganz klar ist, wessen Vorfahrt Radler aus dem Radweg der Parkallee alles achten sollen. Das ist zwar formell letztlich korrekt, erfordert aber sehr verwinkelte Gedankengänge an diesem oft sehr stark frequentierten Verkehrsknoten, an dem das komplexe Verkehrsgeschehen selber die ganze Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer beansprucht.
 
Die Fahrradfurt zwischen Ringspur und Bürgerpark hat Vorang gegenüber dem KFZ-Bypass und natürlich gegenüber dem Radweg an der Bürgerparkseite der Parkallee
 
Radler/innen auf der Ringspur und auf dem Weg zum Radweg an der Bürgerseite der Hollerallee vor Autos aus der Parkallee zur KFZ-Ring und zum KFZ-Bypass
 
Bypass von der Parkallee zur Hollerallee, am Anfang gekreuzt von der Zweirichtungsfurt zwischen dem Fahrradring des Kreisels und den parkseitigen Radwegen der Straßen.
 
Ein Auto im KFZ-Ring des Kreisels setzt an, in die Hollerallee abzubiegen. Es ist wartepflichtig gegenüber dem Fahrradring und gegenüber dem Bypass.
 
Am Abgang der Hermann-Böse-Straße wundern sich viele Radler, …
 
warum sie ein paar Meter auf der Fahrbahn fahren sollen, bevor der Radweg der Straße beginnt.
 
Manche fahren dieses Stück auf dem Gehweg, obwohl ein Piktogramm einlädt oder ermahnt, auf der Fahrbahn zu radeln..
 
Grund dieser Gestaltung: Vor dem Umbau war die spitze Ecke zwischen der Einmündung der (östlichen) Hollerallee und dem Abgang der Hermann-Böse-Straße ein Häufungspunkt von Unfällen, denn Autos aus dem Kreisel und Radfahrer aus der Hollerallee kamen an der gleichen Stelle zum Fahrradring.
 
Die Radfahrer sahen sich in der Vorfahrt, weil sie gerade eben auf dem Ring waren, die Autofahrer, weil sie als Ausbieger Vorfahrt vor Einbiegern hatten. Jetzt wurden die Fahrlinien so verändert, dass die Radler eindeutig vor dem Abzweig auf dem Fahrradring sind.
 
Außerdem fahren die Ausbieger hier von der Geometrie her geradeaus. Durch das Weglassen der ersten Meter des Radwegs der Hermann-Böse-Straße ist eindeutig klar gestellt, …
 
… dass rechtlich der Fahrradring (ebenso wie der Autoring) geradeaus führt …
 
und dass ausbiegende Autofahrer alle vom Fahrradring kommenden Radler vorzulassen haben.


Zahlen und Überlegungen zum Radverkehrsaufkommen im Stern

Eine acht im Jahr 2011 in Betrieb genommenen Dauerzählstellen (genaugenommen sind es Dauerzählstellenpaare) steht wenige Meter vom Stern in der Wachmannstraße. Leider sind nur die stadtauswärts gemessenen Zahlen verlässlich, da stadteinwärts ein Teil des Radverkehrs nicht nahe genug am Fahrraddetektor vorbei fährt.
Daher iEntspricht der durch die Wachmannstraße zu- und abfließende Teil des Fahrradaufkommens im Kreisverkehr
eher dem Doppelten des stadtauswärts gemessenen Radverkehrsaufkommens.

So berechnete Radverkehrsmengen der Wachmannstraße:

Fahrräder pro Tag
JahrJahresmittelniedrigstes Monatsmittelhöchstes Monatsmittel
20155.0983.784Januar7.280Juni
20165.4432.784Januar7.521September

Das ist aber längst nicht der gesamte Radverkehr De-facto-Kreisverkehr „Am Stern“:

In spitzem Winkel zur Wachmannstraße zweigt westlich anschließend der nördliche Teil der Parkallee aus dem Kreisverkehr ab.
Sie hat auf der Westseite einen Zweirichtungsradweg am Rand des Bürgerparks.
Nach vielfachem subjektiven Eindruck, aber bisher leider noch nicht objektiv nachgezählt, hat dieser Weg etwa halb so viel Radverkehr wie die Wachmannstraße, voder gar über die Hälfte. An sonnigen Wochenenden kann es sogar mehr sein als in der Wachmannstraße.
Der Ein-Richtungs-Radweg auf der bebauten Ostseite der Parkallee passiert viele Straßeneinmündungen und hat weniger Radverkehr.
Bürgerparkrandweg und Wachmannstraße dienen beide dem Verkehr zwischen Innenstadt und Universität
und zwischen der Innenstadt und Lilienthal.
Die Wachmannstraße dient außerdem und vor allem der Erschließung des Stadtteils Schwachhausen,
der BürgerparkRandweg auch dem Verkehr ins Naherholungsgebiet Blockland und nach Ritterhude.

Der dritte Kreisarm zur Abschätzung des Radverkehrs „Am Stern“ ist der westliche Teil der Hollerallee
Zwischen diesem und den beiden vorgenannten Straßen gibt es wenig Radverkehr, wegen attraktiverer Verbindungen durch den Bürgerpark. Im westlichen Teil der Hollerallee kann das Tagesaufkommen ides Radverkehrs in der einen und der anderen Richtung recht unterschiedlich sein.

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